Tritonus Weihnachtskonzert 2024

Sams­tag, 21. 12. 2024, 19.30 Uhr
Con­gress Cen­ter Baden

A. Vivaldi: Glo­ria
J. S. Bach: Kon­zert für 2 Vio­li­nen in d‑moll  BWV 1043
F. Men­dels­sohn-Bar­tholdy: Weih­nachts­kan­tate „Vom Him­mel hoch“
G. Puc­cini: Messa di Glo­ria

 

Karin Adam und Katha­rina Dobro­vich, Vio­line
Cor­ne­lia Hübsch (Sopran), Jörg Schnei­der (Tenor), Wolf­gang Bankl (Bass)

Phil­har­mo­nia Chor Wien (Ein­stu­die­rung: Wal­ter Zeh)
Phil­har­mo­ni­sches Orches­ter Györ

Nor­bert Pfaf­fl­meyer, Diri­gent

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Rest­kar­ten an der Abend­kasse

Con­gress Cen­ter Baden; Kai­ser Franz Ring 1; 2500 Baden

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„Tauet Him­mel von oben – vom Him­mel hoch da komm‘ ich her…“

Warum hat sich im Bewusst­sein der reli­giös emp­fin­den­den Men­schen, soweit wir dies bis in die Ver­gan­gen­heit hin­ein fest­stel­len kön­nen, die Vor­stel­lung so fest ein­ge­gra­ben, dass die gött­li­chen Wesen „oben“ woh­nen, von wo aus sie auf ihr Schöp­fungs­werk her­ab­bli­cken, sei es vom grie­chi­schen Olymp oder vom afri­ka­ni­schen Göt­ter­berg Kili­man­dscharo?

Als der Phi­lo­soph und Kar­di­nal Niko­laus von Kues im 15. Jahr­hun­dert phi­lo­so­phisch bewies, dass die Erde eine Kugel sei und kei­nes­wegs irgend­ein Mit­tel­punkt, wie sollte die Unend­lich­keit des Uni­ver­sums einen sol­chen haben? – da kam er zur Erkennt­nis, dass alle Men­schen, dem­nach ebenso jene, wel­che gleich­sam als Anti­po­den von uns in Europa aus gese­hen auf der „unte­ren“ Seite der Erd­ku­gel leben, den Him­mel über sich haben, zu ihm auf­bli­ckend und nicht mit dem Kopf nach unten lebend, wie seine Geg­ner mein­ten es ihm vor­hal­ten zu müs­sen. Nein: für alles, was da lebt auf Erden ist der Him­mel oben, Gott hat von dort aus den Über­blick auf seine gesamte Schöp­fung.

So erhebt also auch das Volk Israel nach Emp­fang der Ver­hei­ßung vom Kom­men des Mes­sias sehn­suchts­voll und ohne Unter­lass seine Stimme nach oben, auf dass es end­lich den Ver­hei­ße­nen von dort  oben dem alles erfri­schen­den Regen gleich segen- und heil­brin­gend her­ab­taue. Und woher soll dem­nach die frohe, so sehn­suchts­voll erwar­tete Bot­schaft kom­men, als „vom Him­mel hoch“! 

Felix Men­dels­sohn-Bar­tholdy, neben Hein­rich Schütz und Bach zwei­fel­los der Dritte ganz Große in der evan­ge­lisch-luthe­ri­schen Kir­chen­mu­sik, kannte  als Nach­komme gläu­bi­ger Juden sowohl die Sehn­sucht des aus­er­wähl­ten Vol­kes als auch der Chris­ten­heit. Sei­nen Ora­to­rien-Drei­er­zy­klus wid­met er dem­nach dem Pro­phe­ten Elias, dem uner­müd­li­chen Ver­kün­der Pau­lus und nach die­sen auf ihn Hin­wei­sen­den Chris­tus selbst – die­ser letzte Höhe­punkt blieb aller­dings unvoll­endet.

Als über­zeug­ter evan­ge­lisch-luthe­ri­scher Christ wid­mete sich Men­dels­sohn inten­siv der Aus­ein­an­der­set­zung mit den tra­di­tio­nel­len, teil­weise noch auf Luther und sei­nen Mit­ar­bei­tern zurück­ge­hen­den lit­ur­gi­schen Kir­chen­lie­dern, den Cho­rä­len.

Einer der berühm­tes­ten ist zwei­fel­los jener für die Weih­nachts­zeit „Vom Him­mel hoch, da komm ich her“, wel­ches der Refor­ma­tor um 1533 in Wit­ten­berg ver­fasst hat. Men­dels­sohn, der viel­leicht deut­scheste roman­ti­sche Kom­po­nist hat eben diese Eigen­schaft deut­scher Roman­ti­ker in aller Groß­ar­tig­keit in seine  Choral­kan­tate aus dem Jahr 1831 ein­ge­bracht. Dies aber in vol­ler Bewusst­heit sei­ner musi­ka­lisch-geis­ti­gen Her­kunft; er, der Bachs „Mat­thäus-Pas­sion“ wie­der zum Leben gebracht hat und zumal in sei­nem „Elias“ von Hän­dels alt­tes­ta­ment­li­chen Ora­to­rien  gelernt hat und von Kind­heit an durch Haydn und Mozart geprägt wor­den ist, er weiß, was er mit die­sen erlern­ten Schät­zen anfan­gen kann – eben als ein Meis­ter, der sei­nen Meis­tern in aller Ehre nach­folgt; auf seine Art, mit roman­tisch sang­li­cher Melo­dik und bei aller über­strö­men­den Freude mit einer nur ihm so ganz eige­nen Sanft­heit, in die sich manch­mal selt­same Unruhe ein­mengt.

„Sed omnia men­sura et numero et pon­dere dis­po­su­isti. » („Er (=) Gott hat aber alles nach Maß, Zahl und Gewicht geord­net.“ So steht es im Buch der Weis­heit, wel­ches dem König Salo­mon zuge­schrie­ben wird (Kap. 11, Vers 21). Johann Sebas­tian Bach lei­tete sein musi­ka­li­sches Den­ken in Zah­len aus die­sem Bibel­wort ab. Er, für wel­chen als Künst­ler und Mensch sein Glaube immer das Fun­da­ment allen Tuns bedeu­tete, war es dem­nach ganz fol­ge­rich­tig, dass jede sei­ner Kom­po­si­tio­nen nach „Maß und Zahl“ gear­bei­tet sein müs­sen. Bekann­ter­ma­ßen hat er ja „Welt­li­ches“ in die „geist­li­che Sphäre“ über­tra­gen – das dies­be­züg­li­che Para­de­bei­spiel ist sein heute  soge­nann­tes „Weih­nachts­ora­to­rium“, des­sen Musik groß­teils aus mit ent­spre­chen­den pas­sen­den Tex­ten unter­leg­ten Fest­kan­ta­ten für höfi­sche Feste stammt. Wie­der­ver­wer­tung – aber in der Über­zeu­gung, dass die Musik ebenso sowieso ihre himm­li­schen Kon­stan­ten haben muss, um eben dies: Musik zu sein. Auch so man­che „Schnurre“, wie etwa die amü­sante „Kaf­fee-Kan­tate“ und eben glei­cher­ma­ßen die für „welt­li­che“ Zwe­cke und Auf­füh­rungs­orte geschrie­ben Kon­zerte für diverse Solo­in­stru­mente. 1730/31 ent­stand jenes für 2 Vio­li­nen in d‑moll. Aus­ge­wo­gen­heit als Höchst­maß des Zusam­men­wir­kens zweier Stim­men ist hier die For­de­rung des Kom­po­nis­ten an sich selbst; 2 Stim­men – das bedeu­tet einen Dia­log. Und ist nicht der gläu­bige Mensch nicht stän­dig im bit­ten­den, ver­eh­ren­den Dia­log mit sei­nem Gott?

Wie steht es denn in die­sen Zusam­men­hän­gen mit Gia­como Puc­cini? Nun frei­lich wusste auch er, wie die Engerln vom Him­mel her­un­ter­sin­gen – ihr „Glo­ria in excel­sis“. Wie denn auch nicht? War doch schon sein Urur­groß­va­ter ange­se­he­ner Kir­chen­mu­si­ker in Lucca gewe­sen und so war es wei­ter­ge­gan­gen durch die Gene­ra­tio­nen. So sollte dem­nach Gia­como ebenso das musi­ka­li­sche Hand­werk erler­nen, um per tra­di­tio­nem sicher­zu­stel­len, dass der Name Puc­cini die Garan­tie für das rich­tige Lob Got­tes abgebe. Nun, der gerade am Kon­ser­va­to­rium ans Ende sei­ner Stu­dien Gelangte schrieb zwi­schen 1878 und 1880 ein von ihm ganz offen­sicht­lich erwar­te­tes Kir­chen­mu­sik­werk und zeigt darin durch­aus, was er gelernt hat: zum Bei­spiel eine große Fuge, wie sie tra­di­ti­ons­ge­mäß am Ende des „Glo­ria“ zu ste­hen hat. Aber er erweist sich ebenso bereits als Musik­dra­ma­ti­ker – deut­lich hör­bar im kur­zen, aber höchst prä­gnan­ten Orches­ter­vor­spiel zum „et resurr­exit“. Ja und frei­lich: die Engerln! Das zunächst den Ober­stim­men zuge­wie­sene „Glo­ria in excel­sis Deo“ schwebt höchst fröh­lich vom Him­mel herab! Die­sen Him­mel hat Puc­cini bekann­ter­ma­ßen spä­ter nie mehr auf­ge­sucht – der seine lag in den inni­gen Melo­dien und den hohen Cs, wie sie die Opern­bühne ver­langte Und nun frei­lich: wer dafür ein Ohr hat, der hört durch­aus auch hier in den Him­mel hin­ein.

Puc­ci­nis Messe hul­digt im Übri­gen einer ita­lie­ni­schen Tra­di­tion, dass näm­lich dem „Glo­ria“ eine beson­dere Bedeu­tung zukommt und die Text­teile in unter­schied­li­chen Abschnit­ten – bei Puc­cini sogar bis zur aus­ge­dehn­ten Arie – beleuch­tet wer­den. Manch­mal begnü­gen sich die Kom­po­nis­ten sogar damit, dass sie über­haupt nur das „Glo­ria“ ver­to­nen. So wie der „Prete rosso“, der „rot(haarig)e Pries­ter Anto­nio Vivaldi. Haupt­sa­che, die Engerln flie­gen herab vom Him­mel und sin­gen die frohe Bot­schaft.

Johan­nes Leo­pold Mayer