Tritonus Baden, Konzert Oktober 2018Sams­tag, 6. 10. 2018, 19.30 Uhr
Con­gress Casino Baden

W. A. Mozart: Sym­pho­nie Nr. 34 in C‑Dur, KV 338
W. A. Mozart: Kon­zert für Oboe und Orches­ter in C‑Dur, KV 314
F. Schu­bert: Ouver­ture im ita­lie­ni­schen Stil in C‑Dur, D 591
J. Haydn: Sym­pho­nie Nr. 94 in G‑Dur „mit dem Pau­ken­schlag”

Oboe: Vilém Veverka
Mar­tinů Phil­har­mo­nie Zlín
Diri­gent: Nor­bert Pfaf­fl­meyer

Ticket­ser­vice Con­gress Casino Baden
Inter­net: www.ccb.at

E‑Mail: tickets.ccb@casinos.at

Tele­fon: 02252 – 444 96 444

Direkt: Mo – Sa: 13.00 – 19.00 Uhr; So: 13.00 – 18.00 Uhr; an Ver­an­stal­tungs­ta­gen ist die Abend­kassa bis 20.00 Uhr geöff­net. Con­gress Casino Baden; Kai­ser Franz Ring 1; 2500 Baden

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Oboe und Pau­ken­schlag

Dem Pro­gramm des heu­ti­gen Kon­zer­tes scheint eine eigene Dra­ma­tur­gie zu Grunde zu lie­gen. Sowohl die Werke Mozarts, als auch die Schu­berts und Haydns ent­stan­den in Zei­ten außer­ge­wöhn­li­cher per­sön­li­cher Umstände der Kom­po­nis­ten. War es bei Mozart das Gesche­hen rund um die Pari­ser Reise und sein damit ver­bun­de­ner mensch­li­cher Rei­fungs­pro­zess, so war es bei Franz Schu­bert ein eben­sol­cher mensch­li­cher Rei­fungs­pro­zess im Jahre 1817, in dem der eben erst zwan­zig­jäh­rige auch aus dem behü­te­ten Eltern­haus hin­aus­ging, um im Schloss Zelesz des Gra­fen Ester­hazy zwei ent­zü­ckende Kom­tes­sen zu unter­rich­ten, zu kom­po­nie­ren und erste Lie­bes­er­fah­run­gen zu machen, wenn­gleich diese den Keim sei­ner Todes­krank­heit mit sich brach­ten. Der junge uner­fah­rene Kom­po­nist ver­liebte sich zwar in die Grä­fin und ihre bei­den Töch­ter, den töd­li­chen Keim holte er sich bei einem Stu­ben­mäd­chen. Joseph Haydn, aus des­sen Spät­werk wir eine der „Lon­do­ner Sym­pho­nien“ hören, konnte in Lon­don, wo er als welt­be­rühm­ter Kom­po­nist im Alter hin­kam, Lor­bee­ren und peku­niäre Erfolge erzie­len, von denen er als Hof­mu­si­kus in Eisen­stadt nur hatte träu­men kön­nen.

Wolf­gang Ama­deus Mozart

Das Jahr 1777 war für den am 27. Jän­ner 1756 gebo­re­nen Wolf­gang Ama­deus Mozart eines der fol­gen­reichs­ten, mit einer unglaub­li­chen mensch­li­chen Rei­fung. Der 21jährige lebens­un­er­fah­rene junge Mann, der bis dahin immer und über­all von sei­nem Vater, dem genia­len Rei­se­mar­schall und für­sorg­li­chen Impre­sa­rio-Vater, beglei­tet wor­den war, musste erst­mals allein, mit der Mut­ter, auf große Reise gehen

ADie Mut­ter Mozart hatte zwar frü­her einige Rei­sen mit­er­lebt und an der Seite ihres Man­nes sich in ers­ter Linie um das leib­li­che Wohl ihrer Lie­ben geküm­mert, war aber den­noch als Rei­se­mar­schall abso­lut uner­fah­ren und eigent­lich eine Belas­tung für Wolf­gang. Als sie im Laufe die­ser Reise in Paris ver­starb, war der junge Mann ver­zwei­felt, ist aber an die­sem Erleb­nis gereift. Die Art, wie er, zu einem Zeit­punkt, da die Mut­ter schon ver­stor­ben war, selbst und über einen Freund der Fami­lie sei­nen Vater auf den Tod der Mut­ter vor­be­rei­tete, und ihm dann den Tod der gelieb­ten Frau in unglaub­lich gefühl­vol­len, tröst­li­chen Wor­ten bei­brachte ist bei­spiel­los. Nicht nur die­ses Erleb­nis son­dern auch die erste große Liebe zu Aloy­sia Weber, die dann am Ende der Reise in Mün­chen ein sehr abrup­tes, unschö­nes Ende fand, lie­ßen Mozart rei­fen, so dass man ruhig behaup­ten kann, er sei als hal­bes Kind am 23. Sep­tem­ber 1777 von Salz­burg abge­fah­ren und als gereif­ter jun­ger Mann Mitte Jän­ner 1779 zurück­ge­kom­men. In die­sen ein­ein­halb Jah­ren des Her­um­rei­sens, Kon­zer­tie­rens, Gesell­schaft­li­chen Umgang Pfle­gens, bei Fürst­li­chen Herr­schaf­ten Auf­war­tens und Ver­liebt seins kom­po­nierte der junge Mann, herr­lichste Musik. Es seien stell­ver­tre­tend nur wenige Werke erwähnt: das Obo­en­kon­zert KV 314, das zwar schon in Salz­burg für den Obo­is­ten Giu­seppe Fer­len­dis kom­po­niert, aber in Mann­heim für den Flö­tis­ten de Jean, für den Mozart auch ein zwei­tes Flö­ten­kon­zert KV 313 und 3 Flö­ten­quar­tette kom­po­nierte. umge­schrie­ben wurde; meh­rere wun­der­bare Kon­zert­arien für Aloy­sia Weber, etwa KV 294 „non so d’onde viene“ oder KV 308 „Dans un bois soli­taire“ und schließ­lich in Paris das ganz beson­dere Kon­zert für Flöte und Harfe KV 299, das Mozart als Auf­trags­werk quasi neben dem Toten­bett sei­ner Mut­ter kom­po­nierte. Sehr oft wird der Musik Mozarts vor­ge­wor­fen, sie sei nur lieb­lich und ver­spielt – wenn man den zwei­ten Satz die­ses Kon­zer­tes hört und um die Umstände sei­ner Ent­ste­hung weiß, merkt man erst, wel­che Tiefe, Ernst­haf­tig­keit und tief­emp­fun­dene Schön­heit die­ser Musik inne­wohnt! Die­ses Werk wird in der Reihe Tri­to­nus am 19.10.2019 zu hören sein.

Es scheint, dass Mozart beson­ders in Zei­ten, in denen er sich nicht wohl in sei­ner Haut fühlte, als Kom­po­nist beson­ders frucht­bar war. Die Jahre nach der gro­ßen Paris Reise, bis zum end­gül­ti­gen Bruch mit dem Salz­bur­ger Hof waren für Mozart „Galee­ren­jahre“, die er größ­ten­teils nur dem Vater zu Liebe auf sich nahm. Der unmu­si­sche Erz­bi­schof, Hie­ro­ny­mus Graf Col­lo­redo, der ihm die Kün­di­gung vor der Paris­reise nicht ver­zie­hen hatte, behan­delte in beson­ders schlecht, was natür­lich in Mozart die Erin­ne­run­gen an die Demü­ti­gun­gen vor der Reise auf­le­ben ließ. Mozart hatte am 8. Juli 1770 in Rom in Anwe­sen­heit von Graf Col­lo­redo (!) von Papst Cle­mens XIV den Orden vom „Gol­de­nen Sporn“ über­reicht bekom­men, der ihn berech­tigte, an allen Höfen kirch­li­cher und welt­li­cher Wür­den­trä­ger als Gast emp­fan­gen zu wer­den und an der Tafel des jewei­li­gen Lan­des­herrn zu spei­sen. Nicht so in Salz­burg: Mozart wurde als Bedien­ter behan­delt und hatte auch an der Bedien­ten­ta­fel zu essen – ein Affront für den jun­gen Kom­po­nis­ten, der sich durch­aus sei­nes Wer­tes bewusst war. Die Situa­tion lässt sich mit Mozarts Brief an den Vater aus Wien vom April 1780 bes­tens beleuch­ten: „…ich will nichts mehr von Salz­burg wis­sen. Ich hasse den Erz­bi­schof bis zur Rase­rei….“

Mozarts Sym­pho­nie Nr. 34, C‑Dur, KV 338 ent­stand im August 1780 in Salz­burg- zur sel­ben Zeit ent­stan­den zwei wei­tere Sym­pho­nien, jene in G‑Dur, KV 318 und in B‑Dur, KV 319. Die drei Sym­pho­nien sind noch als Jugend­werke zu bezeich­nen, aller­dings wird der C‑Dur-Sym­pho­nie schon ein Vor­griff in die Roman­tik attes­tiert. Mozart betreibt im ers­ten Satz ein reiz­vol­les Dur – Moll Abwechs­lungs­spiel. Das Andante ist der Ruhe­pol in der Sym­pho­nie und endet mit einem Dop­pel­schlag. Das rasende Finale ist eine deut­li­che Hom­mage an Joseph Haydn, obwohl for­mal ein Sona­ten­haupt­satz ver­mit­telt es im Duk­tus den Cha­rak­ter eines Ron­dos.

Das Obo­en­kon­zert KV 314, wie bereits erwähnt schon in Salz­burg für den 1775 in die Hof­ka­pelle neu­enga­gier­ten Obo­is­ten Giu­seppe Fer­len­dis ent­stan­den, wurde in Mann­heim für den Flö­tis­ten de Jean umge­ar­bei­tet und für das Solo­in­stru­ment Flöte adap­tiert. Lange Jahr­zehnte wurde die­ses Kon­zert als Flö­ten­kon­zert gespielt, bis im 20. Jahr­hun­dert die ursprüng­li­che Oboen Fas­sung ent­deckt wurde. Seit­her wird es von bei­den Solo­in­stru­men­ten gern gespielt. Beson­ders reiz­voll ist im Final­rondo die Annä­he­rung von Solo­in­stru­ment und Tutti-Flöte.

Franz Schu­bert

Franz Schu­bert, am 31. Jän­ner 1797 in Lich­ten­tal, damals ein Vor­ort von Wien und heute mit­ten im 9. Bezirk gele­gen, gebo­ren, wuchs im Leh­rer­haus­halt sei­ner Eltern auf, wurde Sän­ger­knabe an St. Ste­phan und lernte als sol­cher sehr viel Musik im Sän­ger­kna­ben­kon­vikt, des­sen musi­ka­li­scher Lei­ter kein gerin­ge­rer als Anto­nio Sali­eri war. Schon in frü­hen Jah­ren kom­po­nierte der Schü­ler, wofür ihm seine Zög­lings­ka­me­ra­den Papier zur Ver­fü­gung stell­ten, denn selbst konnte er sich kei­nes kau­fen. Diese Kame­ra­den, vor allem Franz von Scho­ber, Joseph von Spaun, Edu­ard Bau­ern­feind, Moritz von Schwind, Leo­pold Kupel­wie­ser soll­ten bis an sein allzu frü­hes Lebens­ende treue Freunde blei­ben, bei denen er zeit­weise auch lebte.

Auf Wunsch sei­nes Vaters ergriff er den Leh­rer­be­ruf, war die­sem aber nicht sehr lange treu. Nach einem dies­be­züg­li­chen Zer­würf­nis mit dem Vater ver­ließ er das Vater­haus, um freier Künst­ler zu wer­den. Er hatte immer geklagt, dass ihm die Unter­rich­te­rei die Zeit zum Kom­po­nie­ren stehle.

Durch eine glück­li­che Fügung konnte er bei dem musik­be­geis­ter­ten Gra­fen Ester­hazy (eine Neben­li­nie der berühm­te­ren und rei­che­ren Fürs­ten) in Schloss Zelesz, heute Slo­wa­kei, eine Stel­lung als Musik­leh­rer der gräf­li­chen Töch­ter antre­ten. Der zwan­zig­jäh­rige Jüng­ling war nicht nur erst­mals dem Eltern­haus ent­wach­sen, son­dern auch zum ers­ten Mal weg aus der Hei­mat­stadt. In der länd­li­chen Abge­schie­den­heit von Schloss Zelesz, die wenig Abwechs­lung bot, konnte sich der junge Kom­po­nist sam­meln und kom­po­nie­ren. Neben Kam­mer­mu­sik und Lie­dern ent­stand in die­ser Umge­bung unter ande­rem die Ouver­türe im ita­lie­ni­schen Stil in C‑Dur als Ant­wort auf den in Wien herr­schen­den Ros­sini-Tau­mel. Wien und Umge­bung kann­ten damals offen­bar nichts als Ros­sini. Selbst Con­rad Fried­rich Zel­ter klagte in einem Brief vom 16. August 1819 aus Baden an Johann Wolf­gang von Goe­the über den Ros­sini-Wahn. Über­all erklan­gen des­sen Melo­dien, selbst die Gas­sen­bu­ben pfif­fen ihn, wie einst die bekann­tes­ten Num­mern aus Mozarts „Le nozze di Figaro“. Schu­bert wollte bewei­sen, dass auch er durch­aus in der Lage war, so wie der Ita­lie­ner zu kom­po­nie­ren, was ihm auch treff­lich gelang. Die Ouver­türe wurde ein oft gespiel­ter Rei­ßer, eines der weni­gen Orches­ter­werke aus Schu­berts Hand, das der Meis­ter in Kon­zer­ten hören konnte – die meis­ten sei­ner Sym­pho­nien hörte er bes­ten­falls in vier­hän­di­ger Kla­vier­fas­sung.

Joseph Haydn

Als Joseph Haydn im Dezem­ber 1790 zu sei­ner ers­ten gro­ßen Reise nach Lon­don auf­brach, war er ein welt­weit gefei­er­ter Kom­po­nist, für den etwa Kai­se­rin Katha­rina, die Große, von Russ­land bereits eine Gedenk­me­daille anfer­ti­gen hatte las­sen. Der Lon­do­ner Kon­zert­un­ter­neh­mer Salo­mon war auf der Heim­reise von Ita­lien, als er in Köln vom Able­ben des Fürs­ten Nico­laus Ester­hazy erfuhr. Er kehrte um und fuhr nach Wien, um Haydn für Lon­don zu gewin­nen. Der 58jährige, für dama­lige Ver­hält­nisse greise Kom­po­nist han­delte einen sehr vor­teil­haf­ten Ver­trag mit Salo­mon aus, der ihm nach der Rück­kehr aus Lon­don den Ankauf eines Hau­ses in Gum­pen­dorf ermög­lichte.

Für diese erste Lon­do­ner Reise begann er sofort nach Ver­trags­ab­schluss Sym­pho­nien zu kom­po­nie­ren, die er teil­weise noch in Lon­don voll­endete. So ent­stan­den seine letz­ten, die so genann­ten „ 12 Lon­do­ner Sym­pho­nien“ Hob. I/93 bis I/104. Sechs erklan­gen wäh­rend des ers­ten Auf­ent­hal­tes 1791/92, die ande­ren sechs wäh­rend der zwei­ten Lon­do­ner Reise 1794/95. Ver­trags­ge­mäß hatte Haydn selbst die Urauf­füh­run­gen zu diri­gie­ren und erlebte bei­spiel­lose Tri­um­phe.

Man erzählte sich fol­gende Anek­dote: Da die Lon­do­ner in den Kon­zer­ten gerne ein­schlie­fen, leis­tete sich Haydn einen Scherz und kom­po­nierte im Andante der Sym­pho­nie Nr. 94 nach dem lei­sen Beginn einen Pau­ken­schlag, um die Lon­do­ner auf­zu­we­cken und zu bes­se­rem Zuhö­ren zu ermun­tern. Seit­her heißt diese Sym­pho­nie „mit dem Pau­ken­schlag“. Wie drei wei­tere der bekann­tes­ten Sym­pho­nien Haydns, die „Mili­tär“, die „Oxford“ und die Nr. 88, steht die „Pau­ken­schlag­sym­pho­nie“ in G‑Dur, Haydns bevor­zug­ter Ton­art. Der Rivale Salo­mons als Kon­zert­un­ter­neh­mer wollte Haydn in sei­nen „Pro­fes­sio­nal Con­certs“ aus­ste­chen, indem er Haydns eins­ti­gen Schü­ler Ignaz Joseph Pleyel nach Lon­don enga­gierte, aber als Pleyel merkte, worum es gehen sollte, lehnte er ab, „gegen mei­nen ver­ehr­ten Leh­rer trete ich nicht an“.

Die Pau­ken­schlag­sym­pho­nie, G‑Dur, Hob. I/94 wird als Haydns bekann­teste Sym­pho­nie bezeich­net. Die ein­zel­nen Sätze sind köst­lich und über­bie­ten sich in Erfin­dung und guter Laune. Das beschwingte, vier­tak­tige Haupt­thema des 1. Sat­zes beherrscht die­sen und wird auch in der Durch­füh­rung in immer neuen Wen­dun­gen und Vari­an­ten, bald im Bass, bald im Dis­kant ver­ar­bei­tet. Der berühm­teste Satz ist natür­lich das Andante mit sei­ner schlich­ten Lied­weise, die durch ein­fa­che Umspie­lun­gen des The­mas vari­iert wird. Das Menu­ett, herz­haft und beschwingt, erfährt durch das Trio eine Ergän­zung der Haupt­me­lo­die. Über­mü­tig beginnt das Finale, des­sen rei­zen­des Haupt­thema keine ernst zuneh­men­den Neben­ge­dan­ken zulässt. Der Satz scheint zu enden, aber da bringt eine Wen­dung einen Trug­schluss, nach dem der Satz in einer rasan­ten, effekt­vol­len Stei­ge­rung sei­nen Abschluss fin­det.

Alfred Wil­lan­der