Lieben Sie BrahmsSams­tag 18.10.2014, 19.30 Uhr
Con­gress Casino Baden

Johan­nes Brahms: Vio­lin­ko­zert in D‑Dur
Sym­pho­nie Nr.2 in D‑Dur
Karin Adam, Vio­line
Brün­ner Phil­har­mo­ni­ker
Diri­gent: Nor­bert Pfaf­fl­meyer

Ticket­ser­vice Con­gress Casino Baden:
Inter­net: www.ccb.at
E‑Mail: tickets.ccb@casinos.at
Tele­fon: 02252 – 444 96 444
Direkt: Mo – Sa: 15.00 – 20.00 Uhr Con­gress Casino Baden

.

Lie­ben Sie Brahms?

Johan­nes Brahms wurde am 7. Mai 1833 in Ham­burg gebo­ren. Seine Eltern waren  ein aus den Nie­der­lan­den zuge­wan­der­ter Gast­wirts­sohn, Johann Jakob Brahms, der nun Musi­kus in der Groß­stadt wer­den wollte und Chris­tiane Nis­sen, letz­ter Abkömm­ling einer ver­arm­ten Pas­to­ren­fa­mi­lie. Bei der Wahl sei­ner Part­ne­rin hat­ten den groß­ge­wach­se­nen,  feschen   vier­und­zwan­zig­jäh­ri­gen Mann wohl die inne­ren Werte sei­ner Braut bezau­bert, denn sie war 17 Jahre älter und hinkte infolge eines Fuß­lei­dens. Das Paar wohnte im „Gänge“-Viertel der Ham­bur­ger Alt­stadt, einer Arme­leut­ge­gend, wobei die Hof­woh­nung nur aus Küche, Wohn­zim­mer und einem fens­ter­lo­sen Neben­ge­mach bestand. Hier gebar Frau Chris­tiane ihrem Mann, der in inzwi­schen Kon­tra­bas­sist in einem Sex­tett im Als­ter-Pavil­lon war, eine Toch­ter Elise und bald dar­auf einen Sohn, der auf den Namen Johan­nes getauft wurde. Das Kind war still und träu­me­risch ver­an­lagt, die äuße­ren Ver­hält­nisse schie­nen an ihm abzu­glei­ten. Die Eltern bemerk­ten bald sein musi­ka­li­sches Talent und über­ant­wor­te­ten ihn  dem Kla­vier­leh­rer Otto F. Cos­sel, der ihn sehr bald an Ham­burgs bedeu­tends­ten Musik­päd­ago­gen Edu­ard Marx­sen wei­ter­reicht. Die­ser wei­tet den Kla­vier­un­ter­richt sogleich auf Kom­po­si­ti­ons­lehre aus, als er die schöp­fe­ri­schen Fähig­kei­ten sei­nes Schü­lers merkt. Er erkennt auch den „scharf und tief den­ken­den Geist“ Brahms’ und pro­phe­zeit 1847, beim Tod Men­dels­sohns: „ein gro­ßer Meis­ter der Ton­kunst ist dahin, aber ein noch grö­ße­rer wird uns in Brahms erblü­hen“.

Der halb­wüch­sige Knabe muß mit dem Vater in ver­rauch­ten Matro­sen­knei­pen musi­zie­ren und mit sei­nem Kla­vier­spiel zum Unter­halt der fünf­köp­fi­gen Fami­lie, inzwi­schen war noch ein Bru­der Fritz gebo­ren wor­den, bei­tra­gen. Auch stellt er für den Ver­lag Cranz unter einem Pseud­onym Pot­pour­ris zusam­men. Aber er ist, trotz ver­lo­cken­der Ange­bote,  nicht zu bewe­gen, eigene Kom­po­si­tio­nen zu ver­öf­fent­li­chen. Schon in die­ser frü­hen Jugend zeigte sich seine Selbst­kri­tik! Laut eige­ner Aus­sage Brahms’ hatte er vor sei­nem op. 1 schon an die zwan­zig Streich­quar­tette und Lie­der ver­fasst. Erste Kom­po­si­tio­nen, die mit dem Vater in Kam­mer­mu­sik­kon­zer­ten auf­ge­führt wer­den, tra­gen den Pseud­onym Karl Würth. Die ver­bes­serte finan­zi­elle Situa­tion des Vaters ermög­licht es dem Sohn, sich nur der erns­ten Kunst zu wid­men und er lernt durch­rei­sende Künst­ler, denen er als Beglei­ter zur Ver­fü­gung steht, ken­nen. So trifft er auf den unga­ri­schen Gei­ger Ede von Remé­nyi, mit dem er eine Kon­zert­reise unter­nimmt, in deren Ver­lauf Brahms Remé­myis Stu­di­en­kol­le­gen Joseph Joa­chim ken­nen lernt. In ihm fin­det Brahms einen Gleich­alt­ri­gen mit ähn­li­chen Idea­len. Aus die­ser ers­ten Begeg­nung sollte eine lebens­lange Freund­schaft erwach­sen. Eine Begeg­nung mit Franz Liszt in Wei­mar ent­täuscht Brahms, aber die erste Begeg­nung mit Robert Schu­mann, 1853, in des­sen Haus in Düs­sel­dorf, sollte für beide Kom­po­nis­ten nach­hal­tig sein. Schu­mann notiert am dar­auf­fol­gen­den Tag in sein Haus­halts­buch: „Brahms zu Besuch, ein Genius“ und schreibt bedeu­tungs­voll an Joa­chim: “Das ist der, der kom­men musste!“.

In der „Neuen Zeit­schrift für Musik“, die er selbst gegrün­det hatte, schreibt Schu­mann nach zehn Jah­ren erst­mals wie­der: am 28. Okto­ber 1853 den Arti­kel „Neue Bah­nen“ für einen unbe­kann­ten Künst­ler, des­sen Werke noch völ­lig unbe­kannt sind. Er preist ihn als einen, der „den höchs­ten Aus­druck der Zeit in idea­ler Weise anzu­spre­chen“ beru­fen sei und „die Meis­ter­schaft nicht in stu­fen­wei­ser Ent­fal­tung“ bringe, son­dern “wie Minerva gleich voll­kom­men gepan­zert aus dem Haupte des Kro­nion“ ent­sprun­gen sei. Er stellt ihn über viele „hoch­auf­stre­bende Künst­ler der jüngs­ten Zeit“; die Namen Wag­ner und Liszt sind in die­sem Arti­kel, der sich mit der Gegen­warts­mu­sik beschäf­tigt, nicht ent­hal­ten (Franz Grasber­ger). Nach Robert Schu­manns Ein­lie­fe­rung in die Irren­an­stalt bei Ende­nich bleibt Brahms in Düs­sel­dorf um Clara und den sechs Kin­dern über die erste, schwere Zeit hin­weg zu hel­fen. Nach Roberts Tod 1856 zieht sich Brahms zurück, da ihm die Nähe zu Clara Schu­mann, deren außer­or­dent­li­cher Ein­fluß seine Per­sön­lich­keit geformt hatte,  jetzt zu gefähr­lich erscheint, bleibt aber bis zu ihrem Tod  mit ihr in engs­tem freund­schaft­li­chen Kon­takt. Er tritt eine Stelle als Musik­leh­rer und Chor­di­ri­gent am Det­mol­der Hof an. Als er 1859 nach Ham­burg geht, kann er von sei­nen Kom­po­si­tio­nen und vor allem von sei­ner Kon­zert­tä­tig­keit beschei­den leben und wid­met sich der Kom­po­si­tion und stellt sich geis­tig dar­auf ein in die Stadt zu zie­hen, deren musi­ka­li­sche Atmo­sphäre seit Jahr­hun­der­ten Anzie­hungs­punkt für Kom­po­nis­ten war: Wien.

Hier gelingt Brahms rasch eine Ein­glie­de­rung in die musi­ka­li­sche Gesell­schaft dank der Hilfe der Hof­opern­sän­ge­rin Luise Dust­mann und des Pia­nis­ten Julius Epstein. In Epsteins Woh­nung fin­det bald jene legen­däre Probe des g‑moll-Kla­vier­quar­tet­tes statt, nach der der für seine kri­ti­schen Urteile bekannte und auch gefürch­tete Joseph Hell­mes­ber­ger aus­rief: „Das ist der Erbe Beet­ho­vens!“ Trotz gro­ßer Erfolge sowohl mit sei­nen Kom­po­si­tio­nen als auch in Kon­zert­auf­trit­ten fährt Brahms 1863 nach Ham­burg zurück. Im Eltern­haus herrscht inzwi­schen Unfrie­den zwi­schen dem ehr­gei­zi­gen, vier­und­fünf­zig­jäh­ri­gen Vater, der seine musi­ka­li­sche Lauf­bahn wei­ter­füh­ren will und der zwei­und­sieb­zig­jäh­ri­gen Mut­ter, die natür­lich nicht mehr im erwünsch­ten Maße mit ihrem Mann mit­hal­ten kann. Aus der Anstel­lung, die sich Brahms in der Hei­mat­stadt erhofft hatte, wird zu sei­ner gro­ßen Ent­täu­schung nichts. In die­ser Situa­tion kommt Brahms die Nach­richt von der Bestel­lung zum Chor­meis­ter der Wie­ner Sing­aka­de­mie sehr gele­gen. Nach kur­zer Über­le­gung nimmt er an und reist zurück nach Wien. Brahms stürzt sich mit Verve in die neue Auf­gabe, aller­dings stimmt seine Reper­toire­auf­fas­sung nicht mit der des Cho­res über­ein und nach per­sön­li­chen Intri­gen legt er die­ses Amt zurück. Nun lebt er als frei­schaf­fen­der Künst­ler wei­ter. Schon nach Robert Schu­manns Tod hatte er sich mit der Kom­po­si­tion einer Trau­er­kan­tate oder eines Requi­ems aus­ein­an­der­ge­setzt. Erst 1865, nach dem Tod der Mut­ter, beginnt die Ent­ste­hung des „Deut­schen Requi­ems“, zieht sich aller­dings über meh­rere Jahre, da Brahms immer wie­der aus­ge­dehnte Kon­zert­rei­sen , teil­weise allein oder mit dem Gei­ger und Freund Joseph Joa­chim, unter­neh­men muß. Diese Kon­zert­rei­sen sind die Basis sei­ner Finan­zen. Im August 1866 sind die Requiem-Sätze I bis IV, VI und VII abge­schlos­sen, im April 1868 wer­den diese 6 Sätze unter Brahms’ Lei­tung im Dom zu Bre­men auf­ge­führt, wobei sein Vater, Clara Schu­mann, Joa­chim und andere Freunde anwe­send sind. Im Mai ent­steht in Ham­burg der V Satz, das eigent­li­che Toten­op­fer für die Mut­ter. Mit der Beru­fung zum Lei­ter des Sing­ver­eins der Gesell­schaft der Musik­freunde 1872, dem Jahr des Todes sei­nes Vaters, wird Brahms lang­jäh­ri­ger Wunsch nach einer Anstel­lung end­lich erfüllt. Er nimmt sich die­ser Auf­gabe mit gro­ßer Gewis­sen­haf­tig­keit an.

Am Starn­ber­ger See befasst sich der Meis­ter, nach­dem vor Jah­ren das  Kla­vier­kon­zert d‑moll ent­stan­den war, erst­mals mit der gro­ßen Form. Mit den Haydn-Varia­tio­nen, op. 56a erprobt er die große sin­fo­ni­sche Beset­zung, sie kön­nen als Vor­be­rei­tung für die 1. Sym­pho­nie ange­se­hen wer­den, die dann end­lich 1876 fer­tig und am 4. Novem­ber in Karls­ruhe unter Otto Dessoff urauf­ge­führt wird. Bereits im Som­mer  1877 läßt Brahms in Pört­schach am Wör­ther­see der stren­gen 1. c‑moll-Sym­pho­nie die ver­gleichs­weise hei­tere, freund­li­che Sym­pho­nie Nr. 2 in D‑Dur fol­gen. Sie atmet eine Offen­heit, die auf die Ruhe des neuen Lebens­ab­schnit­tes, der auf der erreich­ten Sicher­heit in der gro­ßen sym­pho­ni­schen Form grün­det, zurück zu füh­ren ist. Auf den Lebens­kampf in der 1. Sym­pho­nie folgt nun quasi die Lebens­freude in der zwei­ten, obwohl sie an for­ma­len Fein­hei­ten nicht ärmer ist als die ande­ren Brahms’schen Sym­pho­nien. Die Urauf­füh­rung durch die Wie­ner Phil­har­mo­ni­ker unter Hans Rich­ter am 30. Dezem­ber 1877 bringt dem Kom­po­nis­ten die rest­lose Zustim­mung des kri­ti­schen Wie­ner Publi­kums. Längst hatte sich um Brahms ein Clan gebil­det, der auch unter dem Ein­fluß des mäch­ti­gen Kri­ti­kers Edu­ard Hans­lick zu einer Pola­ri­sie­rung führte. Brahms wurde – gegen sei­nen Wil­len – zur Gal­li­ons­fi­gur der Ver­fech­ter der alt­her­ge­brach­ten Musik, die gegen die „Neu­tö­ner“ per­so­ni­fi­ziert in Richard Wag­ner und Anton Bruck­ner zu Felde zogen. Das Wie­ner Musik­le­ben war lange Jahre beherrscht von wah­ren  Kämp­fen  der Brahm­sia­ner gegen die Wag­ne­ria­ner, wobei  nicht ver­ges­sen wer­den darf, dass sich Brahms und Bruck­ner mit aus­ge­spro­che­ner Höf­lich­keit und gegen­sei­ti­ger Wert­schät­zung begeg­ne­ten. Ein Jahr nach der D‑Dur-Sym­pho­nie ent­steht das Vio­lin­kon­zert in D‑Dur, op. 77. Hier zei­gen sich wie­der Brahms’ Selbst­zwei­fel. Nach der Fer­tig­stel­lung der Par­ti­tur beginnt ein inten­si­ver Brief­wech­sel mit Joseph Joa­chim, dem Wid­mungs­trä­ger, und erst nach vie­len Ände­rungs­vor­schlä­gen des Freun­des ist das Werk druck­fer­tig. Bereits am 1. Jän­ner 1879 spielt Joa­chim das Kon­zert erst­mals im Leip­zi­ger Gewand­haus mit Brahms am Diri­gen­ten­pult aus dem Manu­skript, meh­rere Auf­füh­run­gen fol­gen, bis Brahms nach die­ser prak­ti­schen Erpro­bung das Kon­zert zum Druck frei­gibt.

Nach dem Som­mer­auf­ent­halt 1877 in Pört­schach ist Brahms fast jeden Som­mer außer­halb von Wien. Ab 1878 unter­nimmt er mit dem Freund Theo­dor Bill­roth all­jähr­lich  eine Ita­li­en­reise. Als die Uni­ver­si­tät Bres­lau  Brahms mit dem Ehren­dok­to­rat aus­zeich­net, dankt er mit der „Aka­de­mi­schen Fest­ou­ver­türe“ op. 80, die er im Jän­ner 1881 in Bres­lau auf­führt. In die­sem Jahr voll­endet Brahms sein zwei­tes Kla­vier­kon­zert, das er in Buda­pest aus dem Manu­skript spielt. Der befreun­dete Diri­gent Hans von Bülow führt es mit sei­nem Mei­nin­ger Mus­ter­or­ches­ter in meh­re­ren deut­schen Städ­ten auf. Die­sem Diri­gen­ten ver­dankt Brahms die Ein­füh­rung beim Her­zog von Mei­nin­gen und die Erschlie­ßung aller künst­le­ri­schen Mög­lich­kei­ten die­ses musik­lie­ben­den Hofes. Die Som­mer 1884 und 1885 ver­bringt Brahms mit inten­si­ver Arbeit an sei­ner 4. Sym­pho­nie in Mürz­zu­schlag. 1886 wird Brahms Ehren­prä­si­dent des Wie­ner Ton­künst­ler­ver­ei­nes und 1889 ver­leiht ihm die Hei­mat­stadt Ham­burg die Ehren­bür­ger­schaft, die seine frü­he­ren Ent­täu­schun­gen nicht ver­ges­sen machen kann. Brahms schreibt an die Stief­mut­ter: “Wenn Vater das noch hätte sehen und erle­ben kön­nen, dann hätte ich auch wirk­li­che und große Freude daran“. Die letz­ten Lebens­jahre sind über­schat­tet vom Able­ben sei­ner liebs­ten Freunde: 1894 Hans von Bülow und Theo­dor Bill­roth, 1896 Clara Schu­mann. 1896 stellt sich bei Brahms eine Erkran­kung ein, die als Leber­krebs dia­gnos­ti­ziert wird, eine Dia­gnose, die ihm aber nie­mand mit­zu­tei­len wagt. Die Ver­än­de­run­gen in sei­ner Gesichts­farbe ent­ge­hen ihm nicht und so schreibt er sei­nem Ver­le­ger Sim­rock im August 1896 von einer „klei­nen bür­ger­li­chen Gelb­sucht“, reist im Sep­tem­ber nach Karls­bad und kommt im Okto­ber wie­der nach Wien, aber nur mehr als Schat­ten sei­ner selbst. Am 3. April 1897 wird er von sei­nem Lei­den erlöst.

Dr. Alfred Wil­lan­der