Tritonus Sommerkonzert 2025

Samstag, 07. 06. 2025, 19.30 Uhr
Congress Center Baden

Gabriele Proy
Momiji

W. A.Mozart
„Linzer Symphonie“

J. Eybler
Konzert für Klarinette
und Orchester

Andrea Götsch, Klarinette
Philharmonisches Orchester Györ

Norbert Pfafflmeyer, Dirigent

 

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Tel: 02252 – 444 96 444
Restkarten an der Abendkasse

Congress Center Baden; Kaiser Franz Ring 1; 2500 Baden

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Woher die österreichische Musik kommt

Es ist dem urbanen Hochmut aller Zeiten immer sehr leicht gefallen, Reime zu schmieden, wo sich beispielsweise Linz zwangsläufig auf Provinz reimt.
Schon die selbsternannte  stadtrömische Intelligentia spöttelte hochnäsig und nachäffend über das „unfeine“ Mantuanisch des Publius Vergilius Maro und das gar zu  „bäurische“ Veronesisch  des Caius Valerius Catullus.
Aber es ist halt doch und immer wieder anders, und so ist die Sprachkunst der beiden „Provinzler“ und der darin zum Ausdruck kommende Gedankenreichtum bis heute der Inbegriff lateinisch-römischer Dichtkunst.
So ist es demnach auch mit der Landeshauptstadt Oberösterreichs: beispielsweise  war diese im Spätmittelalter  unter Friedrich III. Kaiserlich-Habsburgische Residenzstadt und welche Qualität die Hofmusik dieses eigenwilligen Herrschers gehabt hat, der selber die Laute spielen konnte und an Kunst und Wissenschaft sehr interessiert war, dies wurde – na eh typisch – erst in den letzten Jahren durch intensive Forschungen erkannt.
Und bevor Linz durch Bruckner und dessen dortige Tätigkeit als Domorganist wieder einen Höhepunkt in seiner kulturellen Geschichte erlebte, da hatte sich schon Wolfgang Amadé Mozart in die Annalen dieser  Stadt eingetragen. Dieser war mit seiner eben angetrauten Gattin Constanze 1783 nach Salzburg gereist, um das neue Familienmitglied Vater und Schwester vorzustellen. Leider stand sie aber Vater Leopold nicht recht zu Gesicht und das junge Ehepaar trat einigermaßen betrübt  die Rückreise nach Wien an.
In Linz drängte sie Mozarts Freund und Gönner Johann Joseph  Graf Thun  zum längeren Verweilen und dieser veranlasste den Komponisten, hier ein Konzert zu geben. Jener hatte gerade nichts Aktuelles in petto und komponierte halt in der Geschwindigkeit was Neues. Dazu schrieb er seinem Vater: „Dienstag als den 4.November werde ich hier im Theater Academie geben. – und weil ich keine einzige Simphonie bey mir habe, so schreibe ich über hals und kopf an einer neuen, welche bis dahin fertig seyn muß.“.
Ganz so ungewohnt war es für  Mozart ja nicht, unter Zeitdruck zu stehen. Zudem hatte er auch stets etwas bei sich, worauf er zurückgreifen konnte: in diesem Falle auf seine Notizen aus der Symphonie Hob. I Nr. 75 von Joseph Haydn, von welcher er u.a. zum ersten Male die Idee hernahm, das ganze Werk mit einer feierlichen langsamen Einleitung zu versehen. So ist dieses Linzer Werk ein beredtes Zeichen dafür, wie sehr die beiden ersten Klassiker Haydn und Mozart geistig und menschlich miteinander korrespondierten – der schönste Ausdruck dieser Freundschaft  findet sich ja dann in der Tatsache, dass Mozart 6 Streichquartette Haydn widmete.

Soviel also zu Linz.

Und Schwechat? Nun, die Bier-, Raffinerie- und Flughafenstadt ist beispielsweise – geographisch einmal nicht wienzentriert gesehen – nicht gar so unweit von Rohrau, wo Joseph Haydn geboren worden ist. Und in der Tat, der gebürtige Schwechater Joseph Leopold Edler von Eybler und Haydn waren – irgendwie über 5 Äcker – miteinander verwandt. Diese familiäre Nähe sollte sich noch zum Besten des Joseph Leopold auswirken. Er genoss eine hervorragende musikalische Ausbildung einerseits als Sängerknabe bei St. Stephan in Wien und zudem beim dortigen Domorganisten Johann Georg Albrechtsberger, einem der besten Lehrer seiner Zeit, zu welchem sich auch Beethoven in die Lehre begeben hatte.  Zudem begann er ein Jusstudium. Als seine Familie – der Vater war Organist und regens chori in Schwechat – nach einem Brand allen ihren Besitz verloren hatte, musste er die Musik dann doch zum Beruf machen und sich als Musiker irgendwie durchschlagen. Da trat nun „Familienmitglied“ Haydn  in Aktion, er gab ihm noch weiter vertiefenden Unterricht und empfahl ihn rundum. Auch Mozart lernte ihn zu schätzen und allenthalben wollte Constanze, dass Eybler den Torso des Requiems aufführungsfähig mache. Es spricht für die Größe Eyblers, dass er dieses Angebot ablehnte. Dafür übernahm er ein Projekt, welches zunächst Joseph Haydn zugedacht war: dessen Oratorien „Die Schöpfung“ und „Die Jahreszeiten“ sollte als gleichsam dritter, abschließender Teil noch eines zum Thema „Die letzten Dinge“ hinzugefügt werden. Haydn, der ja selbst gesagt hat, dass ihm „Die Jahreszeiten“ die letzte Kraft gekostet haben, war nicht mehr in der Lage zu komponieren. Eybler stellte sich mit Erfolg dieser Aufgabe und machte seinem Verwandten, Freund und Lehrer wahrlich keine Schande.

Im Übrigen verlief seine Karriere sehr aufsteigend: vom Kirchenmusiker an nicht unprominenten Wiener Gotteshäusern bis hin zum vom Kaiser nobilitierten -Edler von – Hofkapellmeister, der ein feines Œuvre quer durch die musikalischen Gattungen hinterlassen hat.

Sein Geburtshaus in der Wienerstraße  zu Schwechat und seine Taufkirche auf dem schönen barocken Hauptplatz stehen noch und zeugen vom Kulturbewusstsein einer österreichischen Stadt.

Wie Eybler in seinem Oratorium befasst sich ebenso Gabriele Proy mit „letzten Dingen“. Denn der von der  Komponistin als Titel gewählte japanische Begriff „Momiji“ umschreibt die rötliche  Färbung der Blätter des Japanischen Ahorns. Und so erklingt in diesem Orchesterwerk einerseits „die Farbenpracht der Blätter im Herbst, aber ebenso kommt eine Zeit des Abschiednehmens, des  Erinnerns, des Innehaltens zu Ton. All dies wird zur Grundlage einer harmonischen  Innewerdung der Vergänglichkeit des Lebens. Die Verbindung europäischer und asiatischer Klangwelten hebt die Universalität dieser Gedankengänge hervor. Zudem wird dadurch auch hörbar, dass etwa die Klangbrücke Europa – Asien keine einseitige ist. So wie die hiesige Musik in Asien zu einem unverzichtbaren Kulturgut geworden ist, genauso haben europäische Komponisten, etwa schon Claude Debussy und ganz besonders Olivier Messiaen von der Klangfülle japanischer Musik Inspiration gewonnen.

Musikalische Gestalten, Klangereignisse, das Zu-Ton-Werden eines Inhaltes, dies alle sind Phänomene, so ist es heute zu hören, die einen Ausgangspunkt haben, der gar nicht selten nicht dort ist, wo selbstzufriedener, an die Unverzichtbarkeit wie immer verstandener Urbanität  glaubender Hochmut dies vermutet. Er ist dort zu finden, wo Menschen sich der kulturellen Aufgabe und Herausforderung zu stellen bereit sind.

Und denkt ein Mensch dann auch an Linz oder Schwechat, so ist zu vermerken, dass der wirklich recht hat.  

Johannes Leopold Mayer