tritonus-baden-bilder-einer-ausstellungSamstag 25.05. 2013, 19.30 Uhr
Stadttheater Baden

Richard Wagner: Ouvertüre zu „Der fliegende Holländer“

Richard Strauss: „Rosenkavalier-Suite“

Giuseppe Verdi: Ouvertüre zu „La forza del destino“

Modest Mussorgsky/Maurice Ravel: „Bilder einer Ausstellung“

Symphonieorchester Szeged
Norbert Pfafflmeyer, Dirigent

Ab 18.30 Uhr: Bilder einer Ausstellung im Max Reinhardt Foyer des Stadttheaters: Fotografische Impressionen zum Thema von Christian Schörg und Musik Cartoons von Helmut Kilian.

Sichern Sie sich ihre Karten von € 15,- bis € 39,- im Vorverkauf.

Ticketservice Stadttheater Baden:
E-Mail: ticket@buehnebaden.at
Telefon: 02252 – 22 522 200
Direkt: Im Kiosk hinter dem Stadttheater. Di – Fr: 10.00 – 18.00 Uhr, Sa 10.00 – 13.00 Uhr.
www.buehnebaden.at

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Bilder einer Ausstellung

Der Höhepunkt  des heutigen Konzertes ist nach der Pause Modest Mussorgskys gleichnamiges Meisterwerk.

Modest Mussorgsky, Bilder einer Ausstellung

Tondichtung in der Orchesterfassung von Maurice Ravel

Modest Petrowitsch Mussorgsky wurde am 21. März 1839 in Karewo, einem Dorf nahe der litauischen Grenze, geboren. Die Eltern waren Peter Alexejewitsch, der Sohn eines Adeligen mit einer Leibeigenen, und Julia Iwanowna, die phantasiebegabte und schwärmerische Tochter eines Grundbesitzers. Das empfindsame Kind wuchs in Geborgenheit heran, die enge Bindung zu seiner Mutter hielt bis zu deren Tod, was seine Beziehung zum anderen Geschlecht stark beeinflussen sollte. Zehnjährig kommt Modest erstmals nach St. Petersburg, wo er mit dem älteren Bruder Filaret die deutsche Peter-und-Paul-Schule besucht. Zwei Jahre später wechseln die Brüder in eine militärische Vorbereitungsanstalt und schließlich 1852 in die streng hierarchisch gegliederte Gardejunkerschule. Einem Bericht des Bruders zufolge gehörte Mussorgsky zu den besten und beliebtesten Schülern. Er beherrschte fließend Deutsch und Französisch und widmete sich besonders der Geschichte und der deutschen Philosophie. Sein Musiklehrer machte ihn mit der russischen Kirchenmusik vertraut, auch seinen Klavierunterricht setzte er bei Adolph von Henselt fort und hatte sehr bald große Konzerterfolge. Eine erste Polka aus seiner Hand wurde verlegt. Mussorgsky wurde Gardeoffizier, auch in der Offiziersgesellschaft wusste er durch bestechende pianistische Fähigkeiten auf sich aufmerksam zu machen, indem er gerne über Melodien aus Verdi-Opern präludierte, womit er auch bei der Damenwelt Eindruck machte. Alexander Borodin schrieb später über den Eindruck, den der siebzehnjährige junge Offizier machte: “Mussorgsky hatte damals noch etwas ganz und gar Knabenhaftes an sich. Er war sehr elegant und sah aus wie ein Leutnant auf einem Bilderbogen; die Uniform geschniegelt und gebügelt, die Füßchen hübsch auswärts gestellt, die Haare sorglichst frisiert, pomadisiert, wunderbar gepflegte, gleichsam modellierte Hände eines Grandseigneurs. Er hatte aristokratische Manieren und eine ebensolche leicht schnarrende Sprache…“. Welcher Gegensatz zu dem Portrait Ilja Repins aus des Meisters Todesjahr mit zerzaustem Haar, unrasiert und von der Alkoholsucht der letzten Zeit gezeichnet!

Aus Liebe zur Musik quittiert Mussorgsky schließlich den Militärdienst, muß sich aber als kleiner Beamter verdingen, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Als Komponist ist er Autodidakt und entzieht sich bewußt jedem akademischen Drill, er kümmert sich nicht um das, was in Konservatorien gelehrt wird. Er kennt nur ein Ziel: Wahrhaftigkeit des künstlerischen Ausdrucks. Zusammen mit Borodin, Rimskij-Korsakow, Dargomyschsky und Cui bildet er die „Gruppe der Fünf“, die eine Abkehr von der westeuropäischen Musik hin zu einer nationalen russischen Schule anstreben und letztlich auch erreichen. Mussorgskys Begabung hatte zwei Quellen: einerseits die Melodik und Rhythmik der russischen Volksmusik und andererseits die uralte Harmonik der russischen Kirchenmusik, die damals im europäischen Raum überhaupt noch nicht bekannt war. Er ist Realist und strebt einen möglichst natürlichen, wahrhaftigen Ausdruck an. Er versucht nicht, wie die meisten Romantiker, subjektive Empfindungen darzustellen, sondern er gibt wieder, was er erlebt. Der Betrunkene, das Kind oder der von Wahnsinnsgesichten gemarterte Zar werden als solche im Kunstwerk erlebt dargestellt.

Die „Bilder einer Ausstellung“ sind ursprünglich ein Werk für Klavier, das erst in der Instrumentation des Franzosen Maurice Ravel als Orchesterwerk den Siegeszug durch die Konzertsääle der Welt antritt. Allerdings sind Original und Bearbeitung in ihrer Wirkung so verschieden, dass man fast von zwei Werken sprechen kann. Das Werk ist so großartig und beeindruckend, dass es in den letzten 150 Jahren zu verschiedensten Bearbeitungen kam, sogar für 2 Gitarren, was beim Anhören der Ravel’schen Orchesterfassung unmöglich erscheint. Die „Bilder einer Ausstellung“ schildern die Eindrücke Mussorgskys bei der Betrachtung der Zeichnungen des Malers Viktor Hartmann, jeweils durch ein Zwischenspiel,  „Promenade“, getrennt. Die zehn Bilder tragen folgende Titel:

1) „Gnom“, ein Zwerg trippelt vorüber

2) „Das alte Schloß“

3) „Tuilerien, Spielende Kinder im Streit“

4) „Bydlo“ ein Ochsengespann fährt vorbei

5) „Ballett der Küchlein in den Eierschalen“

6) „Samuel Goldenberg und Schmuyle“, Zwiegespräch zweier Juden

7) „Der Marktplatz von Limoges“, Keifende Marktweiber

8) „Die Katakomben“, gespenstische Vision in den Katakomben

9) „Die Hütte der Baba Yaga“, Wilder Hexensabbat

10) „Das große Tor von Kiew“ Einzug des siegreichen Heeres in die alte Zarenstadt.

Vor der Pause werden aber die beiden Jahresregenten, Giuseppe Verdi und Richard Wagner, die Hauptvertreter der italienischen und der deutschen Oper im 19. Jahrhundert  zu ihrem 200. Geburtstag gewürdigt. Beide Operngiganten werden mit einer Opernouvertüre vertreten sein. Wenngleich die beiden Komponisten einander nie persönlich begegneten, sie wussten von einander und zumindest Verdi schätzte seinen Kollegen, auch wenn beide Komponisten durch ihre Umgebung zu Antipoden stilisiert wurden. Speziell in Bayreuth, dem Mekka nicht nur der Wagnerianer, sondern auch des Wagner-Clans wusste man sich abzukapseln und nur die Musik des „großen Meisters“ gelten zu lassen. Als der große Tenor Leo Slezak, zu einem Vorsingen in Bayreuth eingeladen, es wagte, Frau Cosima Wagner Othellos Tod aus Verdi’s „Otello“ vorzusingen, verursachte dies einen Wutanfall der großen Frau und einen Aufschrei der Wagnerianer; auf den großen Wagner-Tenor konnte man auf dem grünen Hügel aber doch nicht verzichten – was diesem natürlich schon vorher bewusst gewesen war.

Die beiden Opernouvertüren werden durch Richard Strauss’ „Rosenkavalier-Suite“ von einander getrennt. Ein kluger Schachzug des Dirigenten, hat er doch mit Richard Strauss den größten Opernkomponisten des 20. Jahrhunderts gewählt, der nicht nur bekennender Wagnerverehrer war, sondern auch als Direktor der Wiener Hofoper und später Staatsoper beispielgebende Verdi-Aufführungen herausbrachte.

Richard Wagner, Vorspiel zu „Der fliegende Holländer“

Als Richard Wagner am 22. Mai 1813 in Leipzig geboren wurde, erfocht Napoleon bei Görlitz, in unmittelbarer Nähe von Leipzig seinen letzten Sieg. Wenige Monate später unterlag Napoleon in der Völkerschlacht bei Leipzig seinen Gegnern. Wagner wuchs in Leipzig auf, erhielt dort auch eine gediegene Ausbildung, etwa durch den Thomaskantor und konnte bereits 1833 seine erste Oper, „Die Feen“ vorlegen, die er nie zur Gänze hören sollte. Die erste Gesamtaufführung fand erst 1888 nach Wagners Tod statt.

Über zahlreiche Stationen als Theaterkapellmeister, 1833 Chordirektor in Würzburg, 1834 Kapellmeister der reisenden Bethmann’schen Operntruppe, mit der er in Magdeburg im März 1836 seine zweite Oper „das Liebesverbot“ aufführen konnte, und 1836 Königsberg, gelangte er, inzwischen mit der Schauspielerin Minna Planer verheiratet,1837 an das Opernhaus in Riga. Wo immer er abreiste (floh?) hinterließ er Schulden.

Als Kapellmeister in Riga verlebt er zwei relativ ruhige Jahre, wenn man davon absieht, dass er auch hier weit über seine Verhältnisse lebte. Er bringt in der Oper Bellinis „Norma“, Giacomo Meyerbeers „Robert le diable“ oder Joseph Weigls „Die Schweizerfamilie“ mit großem Erfolg heraus. Wagner wird mit seinem Kapellmeisterdasein immer unzufriedener, er fühlt sich vielmehr als Komponist einer Grand opéra. Er arbeitet auch bereits an einer neuen Oper, deren Textentwurf er bereits vor Riga begonnen hatte: „Rienzi, der letzte der Tribunen“. Da Wagner diese Oper im Berliner Opernhaus, dessen Leitung Gasparo Spontini inne hatte, herausbringen wollte, versuchte er natürlich diese Oper stilistisch den Werken Spontinis anzunähern. Als er dann seinen Plan änderte und die Oper in Paris, der Hochburg Meyerbeers, aufführen lassen wollte, glich er sie auch dessen Schreibweise an und ließ das Textbuch vorsorglich ins Französische übersetzen. Durch einen Intendantenwechsel wurde es der Rigaer Theaterleitung erleichtert, Wagner zu kündigen, wodurch dieser vor dem Schuldenberg, der sich wieder angehäuft hatte, leichter fliehen konnte. Zusammen mit Minna und dem Neufundländer Robber überwindet er dank der Hilfe eines Freundes die russische Grenze und überredet im ostpreussischen Pillau den Kapitän eines Toppsegelschoners, ihn samt Frau und Hund an Bord zu schmuggeln. Ein Unwetter im Skagerrak zwingt den Kapitän an der kleinen norwegischen Insel Boröya anzulegen, bei der Weiterreise gerät das Schiff in einen noch größeren Sturm, der sieben Tage lang die Menschen an Bord um ihr Leben zittern lässt. Die Erlebnisse dieser Reise schlagen sich unmittelbar nachher in der Komposition der Oper „der fliegende Holländer“ nieder. Speziell die Arbeitsrufe der Matrosen sind in den Matrosenliedern der Oper nachzuhören.

Im Vorspiel zum „Fliegenden Holländer“  bedient sich Richard Wagner erstmals – noch andeutungsweise – jener Leitmotivtechnik, die er in seinen späteren Bühnenwerken zur vollen Blüte bringen sollte, man denke an die Leitmotive, die sich durch alle vier Opern des „Ring des Nibelungen“ ziehen. Schon in der Ouvertüre klingen Sentas Ballade oder die Matrosenchöre an.

Richard Strauss, Rosenkavalier – Suite

In dem musikhistorisch interessanten Jahr 1864 ( Thronbesteigung Ludwig des II. von Bayern, durch den Richard Wagner so sehr gefördert werden sollte und Tod Giacomo Meyerbeers) erblickte Richard Strauss als Sohn des Hofmusikers Franz Joseph Strauss und seiner Frau Josephine, geb. Pschorr das Licht der Welt. Mütterlicherseits also ein Spross der Münchener Bierbrauerdynastie Pschorr. Der Vater, als Hornist im Münchner Orchester tätig, versuchte lange, seinen Sohn von der Musik Wagners fernzuhalten, umso überwältigender war für den jungen Musiker später ihr Eindruck , als er mit ihr konfrontiert wurde. Strauss schrieb später sehr bildhaft über seinen Vater, dessen musikalisches  Glaubensbekenntnis der Trinität Mozart, Haydn, Beethoven galt,: „…wo die Musik von einem Tonspiel zur Musik als Ausdruck sich bewusst entwickelt, da ging mein Vater nur mehr bedingt mit. Er anerkannte noch den „Tannhäuser“; „Lohengrin“ war ihm zu süßlich, vor dem späteren Wagner versagte er  vollständig, trotzdem die Hornsoli in „Tristan“ und „Meistersinger“ keiner so seelenvoll vortrug, wie er…“ Wagner selbst spendete Vater Strauss das Lob „Dieser Strauss ist zwar ein unausstehlicher Kerl, aber wenn er bläst, kann man ihm nicht böse sein.“

Richard Strauss erhielt eine gediegene Ausbildung, darauf legte der Vater größten Wert, und bereits 12jährig komponiert er einen „Festmarsch für großes Orchester“, der 1881 vom Verlag Joseph Aibl verlegt wurde und als op. 1 im späteren Werkverzeichnis aufgenommen ist. In der Gymnasialzeit entstehen noch eine größere Anzahl von Kompositionen, die auch zu Aufführungsehren kommen. Eine Bläsersuite op. 7, die er im Auftrag Hans von Bülows komponiert hatte, ließ ihn dieser bei einem Konzert des Meininger Orchesters ohne Probe dirigieren. Da das Werk von Bülow bestens einstudiert worden war, war somit Richards Dirigierdebut ein Erfolg. 21jährig wird Strauss 1885 Musikdirektor in Meiningen, wo ihn sein neuer Freund Alexander Ritter mit dem Schaffen und Gedankengut Franz Liszts und Wagners bekannt macht. Hier kommt es auch zu einer ersten Begegnung mit Johannes Brahms. 1886 wird er 3. Kapellmeister an der Münchner Hofoper. Mit Unterbrechungen, auch vorübergehenden Anstellungen etwa in Weimar, steigt Strauss bis 1896 zum ersten Kapellmeister auf. In diesen letzten 15 Jahren des 19. Jahrhunderts entstehen außer der „Alpensymphonie“ alle Tondichtungen, die heute noch von allen großen Orchestern der Welt gern interpretiert werden. Anlässlich der Uraufführungen von „Ein Heldenleben“ und „Macbeth“ wird dem jungen Komponisten 1891 attestiert, ein Virtuose der Instrumentierung zu sein. Man kann Strauss in diesen Jahren durchaus mit dem heutigen Schlagwort „workoholic“ bezeichnen, was 1892 zu einem gesundheitlichen Zusammenbruch führt. Die Familie der Mutter finanziert ihm eine sechsmonatige Gesundungsreise nach Ägypten und Griechenland. Auf dieser Reise beschäftigt er sich erstmals mit der musikalischen Gattung Oper. Er konzipiert seine erste Oper „Guntram“. Diese wird 1894 uraufgeführt, wobei seine spätere Frau, Pauline de Ahna mitwirkt. Die zweite Oper, „Feuersnot“ wird bereits 1901 in Dresden uraufgeführt. Strauss ist als Dirigent eigener Werke sehr viel auf Reisen, was natürlich in der München Hofoper nicht gerne gesehen wird, andererseits brüstet man sich natürlich, Arbeitsplatz dieses so berühmten, erfolgreichen Künstlers zu sein. 1905, im Jahr der Uraufführung der Oper „Salome“, die ja einen Skandal auslöste, stirbt der Vater Franz Joseph Strauss, der dem jüngsten Werk seines Sohnes sicher nichts abgewinnen hätte können. Strauss ist sich seiner Sache so sicher, dass die Pamphlete und Proteste an ihm abprallen. Nach einer Serie von sechs Salome-Aufführungen in Paris wird er Offizier der Ehrenlegion. 1903 war er bereits Ehrendoktor der Universität Heidelberg geworden. Zwischen Strauss und dem Wiener Dichter Hugo von Hofmannsthal, den Strauss 1900 in Paris kennengelernt hatte, entwickelt sich eine großartige Gesprächs- und Arbeitsbasis, deren erste Frucht die nächste Oper „Elektra“ sein wird. In dieser Oper reizt Strauss die Grenzen der funktionalen Harmonielehre bis an ihr äußerstes Ende, weshalb auch viele Besucher der Uraufführung das Theater mit Unverständnis verlassen. Eine Anekdote besagt, dass nach Ende der Generalprobe, als der Vorhang fiel, im Publikum Totenstille geherrscht haben soll, worauf Strauss in der ersten Reihe in seiner ganzen körperlichen Länge aufgestanden sein soll und mit den Worten: “also, MIR hat’s g’falln“ einen orkanartigen Applaus provoziert haben soll.

Nach „Salome“ und „Elektra“ verständigten sich Strauss und Hofmannsthal darauf, als nächstes eine „Mozart-Oper“ zu schreiben. Das von Hofmannsthal entworfene Szenario mit der zur Zeit Maria Theresias in Wien spielenden Komödie mit drastischer Komik und pantomimisch durchsichtiger Handlung begeistert den Komponisten. Nach der Übersendung der ersten Szene schreibt Strauss an Hofmannsthal: „..die Szene ist reizend, wird sich komponieren lassen wie Öl und Butterschmalz, ich brüte schon. Sie sind da Ponte und Scribe in einer Person!“. Am 26. Jänner 1911 ist die Uraufführung in Dresden, sie ist ein durchschlagender Erfolg und in kürzester Zeit wird das Werk an zahlreichen Bühnen herausgebracht. Strauss ist jetzt unbestritten der größte lebende Opernkomponist.

Da sich nicht überall ein Theater befindet, schon gar nicht eines, das ein Strauss-Orchester im Orchestergraben unterbrächte, überall aber der „Rosenkavalier“ gehört werden wollte, sah sich Strauss bald genötigt, aus den Highlights seiner so erfolgreichen Oper ein Stück für eine konzertante Aufführung zu erstellen. Wir erinnern uns, wie sein Idol Wolfgang Amadeus Mozart Ende des 18. Jahrhunderts die „Schlager“ seiner Opern, die von jedem Gassenbuben gepfiffen wurden, für „Harmoniemusiken“ bearbeitete – auch um zusätzliche Einnahmen zu lukrieren, die sonst ein anderer eingesteckt hätte. Zur Zeit Richard Strauss’ war dies nicht mehr so leicht möglich, inzwischen gab es ja ein Urheberrecht, an dessen Zustandekommen Strauss großen Anteil gehabt hatte. So entstand die Rosenkavalier-Suite.

Giuseppe Verdi, Ouvertüre zu „La forza del destino“

Der zweite Jahresregent, Giuseppe Verdi, erblickte das Licht der Welt am 10. Oktober 1813 in dem Dorf Roncole bei Busseto, wo sein Vater eine kleine Gastwirtschaft mit angeschlossenem Wein- und Lebensmittelhandel betrieb. Offenbar zeigte sich sehr früh die musikalische Veranlagung des Knaben, denn er erhielt bereits 1818 beim Organisten und Dorflehrer seines Heimatortes Musikunterricht. Als dieser Organist, Pietro Baistrocchi, 1823 starb, konnte der 10jährige Giuseppe während der Pfarrmessen schon dessen Aufgabe übernehmen. In diesem Jahr stimmte Verdis Vater zu, daß der Knabe im nahen Busseto Quartier nahm und seine musikalische Ausbildung bei Ferdinando Provesi, dem Organisten und Kapellmeister der Stiftskirche und Direktor der „Filarmonica“ fortsetzte. Der Präsident dieser „Società filarmonica“, der reiche Kaufmann und Musikmäzen Antonio Barezzi nahm sich des Knaben an, Verdi sah in ihm so etwas wie einen zweiten Vater. Barezzis Einfluß ist auch die Übersiedlung Verdis nach Mailand zu weiterführenden Studien am Konservatorium zu danken. Obwohl Verdi die Aufnahmeprüfung nicht bestand, weil er von außerhalb kam, die Altersgrenze überschritten hatte und seine Klaviertechnik angeblich mangelhaft war, finanziert Barezzi, der an das Talent des jungen Mannes glaubte, seine private Ausbildung bei Vincenzo Lavigna. 1834 debutierte er als Leiter einer Aufführung von Haydns „Schöpfung“. 1836 kehrte er nach Busseto zurück, um für die societa filarmonica  und die Gemeindemusikschule tätig zu werden. Er ehelichte die ältere Tochter seines Förderers Barezzi. In der Abgeschiedenheit  von Busseto komponierte er seine erste Oper „Oberto“, die bei ihrer Uraufführung an der Mailänder Scala so großen Erfolg hatte, daß Verdi den Auftrag für eine Opera buffa für die nächste Saison erhielt. Nach einem Libretto von Felice Romani entstand „Il finto Stanislao“ oder „Un giorno di regno“. Die Komposition wurde durch den Tod von Verdis Frau Margherita und der beiden Kinder Virginia und Icilio Romano schwer beeinträchtigt, die Oper wird ein glatter Durchfall und nach nur einer Aufführung abgesetzt. Verdi ist durch diesen Misserfolg und die schweren Schicksalsschläge depressiv und erwägt, sich vom Komponieren zurück zu ziehen. Der Legende nach soll ihn der Impresario Bartolomeo Marelli mit dem Libretto zu „Nabucco“ eingesperrt haben, mit der Drohung ihn erst heraus zu lassen, wenn er zu Komponieren begonnen hätte. Der Text zu dem Gefangenenchor habe dann das Wunder vollbracht und Verdi der Musikwwelt zurückgegeben haben. „Nabucco“ wurde ein Sensationserfolg. Die nächsten 16 Jahre nannte Verdi später seine „Galeerenjahre“, wegen der Quantität seiner Arbeit. Dank eines sehr guten Vertrages mit dem Verleger Giulio Ricordi, der dem Verlagshaus noch heute Unsummen einbringt, verdiente Verdi hervorragend und konnte um Busseto Land und schließlich auch den Palazzo Dordoni Cavalli erwerben. Anfang der 1850iger Jahre entstanden die drei Opern, die seinen Weltruhm begründen sollten: „Rigoletto“, „Il trovatore“ und „La Traviata“. Nun besann er sich, nach den Theatern Italiens, speziell ausländische Bühnen zu erobern. So schrieb er für Kairo, anlässlich der Eröffnung des Suez-Kanales, „Aida“ und für Paris „Macbeth“ und „Don Carlos“. Gegen 1859/60 entstand für St. Petersburg die Oper „La forza del destino“, zu deren Einstudierung er mit seiner zweiten Gemahlin, der Sängerin Giuseppina Strepponi, die schon in der Uraufführung des „Nabucco“ mitgewirkt hatte, in die russische Metropole reiste. Anlässlich der Uraufführung empfängt der Zar den Komponisten in seiner Loge und zeichnet ihn mit dem Stanislaus-Orden aus.

Der Inhalt der „Macht des Schicksals“ ist, wie die meisten Libretti Verdis, eine heillose Geschichte von Verwechslungen, Intrigen, Standesdünkel, Rassenhaß ,Rache und nie gestillter Sehnsucht nach Frieden. Er beginnt mit einem zerstörten Familienidyll, über   hasserfüllte Verfolgungsjagden, Kriegsgeschehnisse mit Freundschaftsschwüren der beiden männlichen Hauptfiguren, den Eintritt in ein Kloster und die Abgeschiedenheit in einer Kartause führt er schließlich zum erbitterten Zweikampf und am Ende liegen drei Leichen auf der Bühne. In der Ouvertüre ist die düstere Stimmung der Oper präsent, auch wenn die glühende Bitte Leonoras um Frieden in zartesten Tönen versöhnlich stimmen soll.

Dr. Alfred Willander